Presseecho

Interview in der SVZ - Schweriner Volkszeitung

MUTABOR IM INTERVIEW
"Singen und handeln"
Axel Steinhagen, Gründer der Band Mutabor, über seine Jugend in Wismar und Schwerin und seine Hilfsprojekte für Afrika
17. März 2017

 

Folk trifft Punk und Ethno: Mutabor werden im Rahmen ihrer Jubiläumstournee am 18. März im Mau Club in Rostock gastieren. Als Axel Steinhagen in Wismar geboren und aufgewachsen, hat er unter seinem Künstlernamen Axl Makana mit seiner Band Mutabor als Sänger und Songschreiber internationale Anerkennung erfahren. Auf der Bühne beeindruckt Steinhagen durch Hintersinn, Perfektion und Übermut.

Uli Grunert sprach mit ihm über seine Anfänge, musikalische Idole und das Projekt Viva Humanidad in Äthiopien.

- Wann war Dir klar, mit Musik Deinen Lebensunterhalt verdienen zu wollen?

Axel Steinhagen: Eigentlich fing alles erst nach meinem Unfall 1986 in Wismar an. Ich war gerade mit der Schule fertig und hatte eine Lehre als Werkzeugmacher begonnen. Als man mir dann im Krankenhaus sagte, dass ich großes Glück gehabt hätte und gerade dem Tod von Schippe gesprungen bin, veränderte sich mein Weltbild. Ich schrieb Gedichte und wollte nun Gitarre lernen. Obwohl beide Hände gebrochen waren und eine Hand steif bleiben sollte. Immerhin konnte ich mit einer Hand ein Plektron halten, mit der anderen ein paar Saiten greifen. Auf diese Art erforschte ich langsam die Gitarre und schrieb erste Lieder.

- Vom Musikmachen im Kinderzimmer ist es ein großer Schritt auf eine öffentliche Bühne. Wie war das bei Dir?

Unsere erste Band war eigentlich eine Schnapsidee. Ich stand eines Abends zufällig mit dem Gitarristen Tillmann Walter in Wismar im Block 17 zusammen am Biertisch. Er erzählte von seinem neuen Bandprojekt, dass sie noch einen Sänger suchten. Irgendwie verabredeten wir uns am Ende des Abends für eine Probe in meiner Wohnung. Ich hatte vorher nie daran gedacht, den Sänger in einer Band zu machen. Daraus entwickelte sich dann für uns in Wismar sogar ein kleiner Bekanntheitsgrad. An der Abendschule machte ich mein Abitur. Als ich dann mein Abi in der Tasche hatte, ging ich zusammen mit dem Gitarristen nach Berlin. Ich fing dort an, Ethnologie zu studieren. In Berlin gründeten wir dann die Band Mutabor. Anfangs hatte ich nicht die Vorstellung, das mal hauptberuflich zu machen.

- Gab es musikalische Idole, die Dich auf Deinem Weg inspiriert oder beeinflusst haben?

Mit 13, 14 habe mich ich sehr für Bob Marley interessiert und mir die Texte übersetzt. Dann kam Bruce Springsteen, besonders seine Platten „Born to run“ bis „The River“. Mit 19 hörte ich Punk, Dead Kennedys und Sex Pistols, aber auch experimentellen Chanson-Folk â la Tom Waits oder Tracy Chapman. In Schwerin entwickelte sich zu der Zeit eine Punk-Szene. Man traf sich auf einschlägigen Partys und Konzerten in der Umgebung. Ich erinnere mich noch an First Arsch, wo der spätere Rammstein-Sänger trommelte oder an die Band Ich Funktion und natürlich Feeling B und Sandow. Später kam dann Manu Chao und Element of Crime dazu. Seit meinem Interesse für Bob Marley interessiere ich mich auch für den afrikanischen Kontinent. In Wismar hatte ich damals ein paar Studenten aus Äthiopien kennengelernt. Ich entschloss mich dann nach dem Fall der Mauer, meine erste Flugreise nach Äthiopien zu machen. Mich interessieren andere Kulturen. Sie sind nicht zuletzt ein Spiegel der eigenen Kultur.

- Im Jahr 2008 hast Du das Projekt Viva Humanidad ins Leben gerufen, um Lern- und Lehrbedingungen in Äthiopien zu verbessern. Was waren die Beweggründe dafür?

Ich bin während meines Ethnologie-Studiums das erste Mal nach Äthiopien gereist. Es gilt bis heute als eines der ärmsten Länder der Erde. Auf der
anderen Seite habe ich dort große Gastfreundschaft erlebt und dass man trotz wirtschaftlicher Armut reich an Lebensfreude sein kann. Das hat mich sehr berührt. Ich bin in der Folgezeit oft dorthin gefahren. Auf einer Reise lernte ich eine Frau von einer Hilfsorganisation kennen, die mich mit zu einer Schule genommen hat. Als ich dann zurück in Deutschland war, bekam ich eine Anruf von einer Schule in Deutschland, die mich für einen Aktionstag für Afrika einlud. Ich hielt dort dann einen Vortrag über Schulen in Äthiopien. Dabei fragten mich die Schüler, wie man den Schülern in Äthiopien helfen könnte. Da kam mir die Idee, einen Verein für Schulpartnerschaften zu gründen. Das läuft nun schon seit sieben Jahren und unser jüngstes Projekt war der Bau einer Schule mit lokalen Baumaterialien. Diese Arbeit hat etwas sehr Befreiendes, denn man fühlt sich nicht länger ohnmächtig gegenüber den Missständen auf diesem Planeten und lernt nebenbei viele Optimisten kennen. Songs über Probleme zu singen ist das eine, doch viel wichtiger ist es, zu handeln.

von Uli Grunert

Solarlicht für die Hütten Äthiopiens

Artikel aus der STUTTGARTER ZEITUNG vom 02.08.2010

In Äthiopien rufen sie ihn "Lichtbringer". Jedenfalls dort, wo bisher in den Hütten lediglich Laternen für etwas Helligkeit in der dunklen afrikanischen Nacht sorgten. Harald Schützeichel aus Merzhausen bei Freiburg bringt seit fünf Jahren Licht in die sogenannten Tukuls, das gesünder ist als jenes der ätzenden, die Atemwege schädigenden Funzeln, die von einem kerosinähnlichen Sprit gespeist werden. Harald Schützeichels Lampen werden von Strom aus Sonnenlicht versorgt. Das Prinzip ist einfach: Auf der Hütte wird ein kleines Solarmodul angebracht, eine Leitung zur Batterie gelegt, eine Energiesparlampe aufgehängt. Abends wird sie einfach eingeschaltet und leuchtet bis Mitternacht. Finanziert werden die Anlagen mit Spendengeld aus Europa.

Licht auf Knopfdruck ist in Äthiopien auf dem Land weitgehend unbekannt. Das wusste Harald Schützeichel, als er vor sieben Jahren eine neue Aufgabe suchte und schließlich eine Stiftung gründete, die Geld für gesunde, umweltfreundliche und bezahlbare Lichtquellen für Afrika sammelt. Da hatte er gerade seinen Posten als Vorstandsvorsitzender der börsennotierten Freiburger Solarstrom AG aufgegeben, bei einer der Pionierfirmen, die frühzeitig hierzulande Dächer von Wohnhäusern, Fußballstadien und Zeitungshäusern mit Fotovoltaikanlagen bestückte. Schützeichel hat die SAG an die Börse gebracht und bundesweit etabliert. Aber nach einer verpatzten Kapitalerhöhung und rückläufigen Geschäften gab es zunehmend Differenzen zwischen ihm und dem Aufsichtsrat, und so richtig ins Geschäftsleben hat der Rheinländer auch nicht gepasst. Der 1960 in Bonn geborenen Schreinersohn war zuvor eigentlich auf dem Weg zum Pfarrer: Ministrant, Studium der Kirchenmusik und der Theologie, eine Doktorarbeit zum Thema "Die Orgel im Leben und Denken von Albert Schweitzer". Von 1990 bis 1996 war er Studienleiter an der Katholischen Akademie in Freiburg, nebenbei spielte er die Orgel in verschiedenen Freiburger Kirchen.

Pfarrer ist er also nicht geworden, aber eine Art Missionar dann doch. So wie sein großes Vorbild Albert Schweitzer. Er mag diese Bezeichnung nicht gelten lassen, er sieht sich lieber als Entwicklungshelfer, er will helfen, dass es dauerhaft besser wird. So weit, dass künftig auch ein Markt entsteht und die Afrikaner es sich leisten können, größere Solaranlagen zu installieren. Er ist auf jeden Fall ein Überzeugungstäter. "Die Energiefrage" ist für ihn "zentral für die globale Entwicklung, für Krieg oder Frieden, Wohlstand oder Elend." Er benennt die Dimensionen: Momentan verbraucht ein Viertel der Menschheit drei Viertel der Energie, drei Viertel leben in Energiearmut. Die Stiftung Solarenergie will einen bescheidenen Beitrag zur Veränderung leisten. Und das nicht nur mit Geld und Spenden. Schützeichels Entwicklungsmission hat sich zum Vollzeitjob entwickelt, er ist von Anfang an selbst nach Äthiopien gereist, hat mit der "Aktion Mensch" des Schauspielers Karlheinz Böhm geeignete Orte für die ersten Projekte ausgesucht. 80 Prozent der rund 70 Millionen Äthiopier haben keinen Zugang zum Stromnetz. Wenn sie nicht kaputt sind und Sprit haben, liefern Dieselgeneratoren Strom wenigstens für Wasserpumpen, Krankenhäuser oder Schulen. Auf dem trockenen Land wären Solaranlagen eigentlich die ideale Energiequelle.

In zwei Dörfern, rund 200 Kilometer nördlich der Hauptstadt Addis Abeba, hat Schützeichels Stiftung Solarenergie begonnen, mittlerweile sind dort 2500 Solaranlagen installiert worden - von den Einheimischen selbst, die Schützeichel und seine technischen Helfer zunächst einmal zu Elektroinstallateuren ausbilden mussten. Inzwischen hat die Stiftung in Addis Abeba dafür eine Schule gegründet. Ganz geschenkt bekommen die Bauern die Anlagen nicht. Für die Batterien, die nach rund fünf Jahren gewechselt werden müssen, ist ein Obolus fällig, den ein Verein im Dorf einzieht. Aber das alles musste aufgebaut werden, Vereine oder Genossenschaften gab es nicht, Gemeinschaft ist auf dem äthiopischen Land Familie oder Sippe.

"Wir bringen mehr als nur Strom und Licht", betont Schützeichel immer wieder. "Licht ist dort eine neue Lebensqualität und auch die Chance für Bildung der Kinder." Denn die Nacht kommt in Äthiopien früh und rasch, die Dunkelheit ist sehr schwarz. Kinder, die nach der Schule bei der Feldarbeit helfen müssen, können erst abends die Hausaufgaben machen - aber nur, wenn ordentliches Licht vorhanden ist. Mittlerweile wurden weitere Solaranlagen in 33 äthiopischen Dörfern verkauft, Solarstrom wird nicht nur in den Hütten, sondern für Wasserpumpen, Schulbeleuchtungen und Kühlschränke in Krankenstationen genutzt. Und es gib Anerkennung: Der ehemalige US-Präsident Bill Clinton ist im letzten Jahr mit Tochter Chelsea zu Schützeichel in die Solardörfer nach Äthiopien gekommen, um sich die Pionierprojekte anzusehen und zu loben. Und vor zwei Monaten hat die Stiftung den Preis Lighting Africa Outstanding Product Award erhalten. "Ein Ansporn, weiterzumachen", freut sich der "Lichtbringer". Die nächsten Projekte sind in Vorbereitung.